Am bekanntesten hat mich ein Buch über Alkoholismus gemacht. Über meinen Alkoholismus. Davor habe ich zwei Romane geschrieben, danach ein essayistisches Sachbuch über Scham, Intimität und Sexualität. Meine Bücher handeln von Abhängigkeiten und Widersprüchen. Davon, was Menschen tun, um diese Widersprüche auszuhalten, oder auch: um sie eben nicht aushalten zu müssen. Und warum das Menschen so anfällig macht für Angebote, die wahlweise Glück, Vereinfachung oder Betäubung verheißen.
Ich bin 1986 vom Dorf in die Stadt gezogen, 1989 von Deutschland in den Mittleren Westen der USA, 1993 vom Westen in den Osten, 2021 für drei Monate in eine Suchtklinik und 2023 aus Leipzig in die Provinz in Sachsen-Anhalt. Ich habe Theater gemacht und Kinder geboren, als Fundraiserin gearbeitet und einen Mann beerdigt, eine Literaturagentur gegründet und dem deutschen Literaturbetrieb post-jugoslawische und zeitgenössische deutschsprachige Literatur jenseits von ChickLit und Frolleinwunder schmackhaft zu machen versucht. Soll heißen: ich habe schon so einiges zu hören bekommen. Warum die Dinge so sind, wie sie sind. Wie Menschen sind. Wie der Osten ist. Wie Frauen sind. Wie Alkoholiker*innen sind.
ein guter mensch sein? ja, wer wär’s nicht gern?
doch leider sind auf diesem sterne eben
die mittel kärglich und die menschen roh.wer möchte nicht in fried’n und eintracht leben?
bert brecht, dreigroschenoper
doch die verhältnisse, sie sind nicht so!
Foto: © Grit Hartung 2023